Donnerstag, 30. August 2007

zum Talent zu untalentiert

Gestern und heute findet in München die Talents2007 statt: eine Kontaktmesse, die behauptet keine Kontaktmesse zu sein, dennoch aber eine Kontaktmesse ist. Aber wie kann eine Kontaktmesse von sich behaupten, keine Kontaktmesse zu sein? Ganz einfach: Kontaktmessen sind was für Plebs und Pöbel, und die Talents2007 ist was für die "Elite"! Ergo, Eliten-Kontaktmessen sind keine Kontaktmessen, basta! Nur blöd, dass Wirtschaftsminister Glos in seinem Grußwort diesen Unterschied nicht geblickt hat- ist wohl nicht Elite.

Aber kurzum: Ich war da - zumindest gestern, für geschlagene 1 1/2 Stunden.

Wahnsinnig elitär habe ich mich für diesen Giga-Event meiner Job-Odyssee angemeldet, mein Profil wurde geprüft und mir der Eliten-Status gewährt, sprich eingeladen. Nur gut, dass die nicht wussten, dass ich nicht mal so elitär bin, von der ganzen Sauce rechtzeitig zu erfahren, geschweige denn mich dort anzumelden. Aber wozu hat man Freunde, die sich um einen sorgen, diese Veranstaltung für wichtig erachten und am allerwichtigsten einen Account bei denen besitzen...
Ich muss aber zugeben, ich war eher auch nur Klasse-B-Elite. Ich wurde nämlich nicht direkt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen oder sogar etwa zu einem terminierten "Spontan-Interview", sondern durfte nur rein, mit dabei sein, bisschen Elite-Luft schnuppern.

Voller Tatendrang, Begeisterung und Optimismus tauschte ich mein Ticket gegen ein schickes Namensschild und tauchte hinein in die Welt der unbegrenzten Jobangebote. Renommierteste Global-Player und sonstige Schwergewichte der deutschen Wirtschaft hatten ihre Stände aufgebaut und boten sich den Talenten von morgen an wie Nutten ihren Freiern. Man fühlte sich stark, man fühlte sich begehrt, man fühlte sich wichtig - bis man im Messebuch bei "gesuchte Fachrichtungen" nachsah. Für "Geistes- und Sozialwissenschaften" interessierten sich gerade mal eine Handvoll von Unternehmen - darunter tolle Consultant-Firmen und ein Finanzdienstleister, der gerne mal bei Wikipedia sein Handeln schönschreibt. Also alles Arbeitgeber, die ihrem Namen gerecht werden: Arbeit geben bis man umfällt.

Umgeben von lauter emsigen und streberhaften "Wiwis", IT-Hanseln und Ingenieuren, dackelte ich wie ein Depp über die Messe und bekam eine Frage nicht mehr aus dem Kopf: Was mache ich hier eigentlich? Vielleicht das, was viele andere Talente auch machten: Warten. Permanent warten, weil viel zu tun war ja nicht. Im Rudeltrieb hab ich mir dann nen Gratis-Eis von einem großen Eis-Hersteller geschnappt, ihr Verhalten kopiert und gewartet. Nach 1 1/2 Stunden wurde es mir dann zu blöd und bin gegangen. Tja, nix geworden mit der großen Karriere als elitäre Führungskraft in einem weltweit agierenden Top-Unternehmen. Shit happens!

Mitgenommen habe ich: eine Bewerbungsmappe im Wert von 2€, einen Schreibblock und die erneute Bestätigung, dass es für mich in einer kapitalistischen Wirtschaftsform ziemlich ungemütlich werden kann.

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