Immer nur nichts tun ist auf lange Sicht irgendwie fürn Arsch. Deswegen habe ich mir mal was neues einfallen lassen: Ich habe meditiert. Das ist zwar nichts anderes als nichts tun, aber es klingt besser, klingt so nach Beschäftigung, klingt so nach Erlebnis. Und man kann ganz leicht alle Esoteriker, Metaphysiker und Selbstfindungsfanatiker dieser Welt - und besonders die -Innen-Formen davon - beeindrucken. Ich habe also meditiert und kam zu einem sensationellen Ergebnis: Das Leben stinkt! Wäre das Universum eine halbstündige U-Bahnfahrt, dann wäre das Leben der ungewaschene, nach Schweiß und billigem Weinbrand riechende, vollgesabberte, alle bekannten und auch alle unbekannten Krankheiten verbreitende Alki, dem nichts besseres einfällt, als sich genau neben einen zu setzen und dort die ganze Zeit zu bleiben.
Ich bin momentan etwas unzufrieden. Ich bin zwar in mich gegangen, wollte spüren, was mein Herz und/oder Seele und/oder Innerstes mir so in dieser Situation mitzugeben haben, bekam aber nur "Verpiss Dich. Lass uns mit Deinem Scheiß in Ruhe!" als Antwort. Kurzzeitig wollte ich mich für diese Frechheit mit übersteigertem Drogenkonsum rächen. Doch bei genauer Überlegung wäre dies ein fulminantes Eigentor geworden: Drogen versprechen ja bekanntlich eine Bewusstseinserweiterung, ein intensiveres Erleben der Welt, ein Einswerden mit den Urkräften und ähnlichen Mist. Das muss echt nicht sein. Darüber hinaus ist das Vorhaben bei mir eh zum Scheitern verurteilt: Trotz langjähriger Raucherkarriere bin ich immer noch unfähig, was halbwegs Stabiles zu drehen - Kiffen fällt aus; ich habe höllische Angst vor Spritzen - Heroin fällt aus; Techno ist Lärm und keine Meditation - Ecstasy fällt aus; mein Klassenbewusstsein sitzt tief - Kokain fällt aus usw.
Deswegen habe ich andere Ablenkungsmanöver gestartet, die aber entweder total scheiterten oder bislang keine Wirkung zeigen. Mein "Alle Menschen, die den Abspann im Kino bis zum Ende ansehen, sind Spacken"-Rumgekotze wurde mal so was von dezent ignoriert. Zwar outete sich mein komplettes Umfeld als eingefleischte Abspann-Fans, aber nur Einer fühlte sich "durch meine Ignoranz ein wenig beleidigt", mit der Betonung auf "wenig". Ansonsten blieben sie ihrer Maxime "Das macht man halt" treu und haben verzichtet, irgendetwas anderes als Irrationalitäten als Erklärungen anzubieten - wenn sie überhaupt darüber geredet haben. Mir bleibt wohl nichts anderes übrig als Abspann-Fans in die gleiche Kategorie einzuteilen wie Metaphysik-Fans: Freaks. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich - wie in manchen Teilen dieser Welt üblich - die Massen zusammenrotten und voller Empörung irgendeinen Ringelpitz veranstalten, bescheuert in die Luft ballern, Fahnen und (mit viel Fantasie) mich darstellende Strohpuppen verbrennen, Botschaften in Schutt und Asche legen, mir die ewige Verdammnis an den Hals wünschen und die Wartezeit darauf hochmodern mit einer Steinigung verkürzen. Dem war aber nicht so. Liegt wohl dran, dass zu wenige Menschen, die wegen zu viel Arbeitslosigkeit und zu viel Rückständigkeit zu viel Metaphysik abbekommen haben, das hier lesen und dass ich keinen Teddy habe, den ich M-Man, J-Man, A-Man, B-Man oder K-Man taufen könnte. Das stimmt mich sehr traurig.
Mein anderes großes Ablenkungsmanöver - Plan B - krankt noch immer daran, dass noch immer nicht klar ist, dass Plan B tatsächlich Plan B ist. Die Sesselfurzer beim EP verharren in hartnäckigem Schweigen. Immerhin kann ich mich daran erfreuen, dass die Belgier zwar nicht in der Lage sind, einen meta- und postethnischen Nationalismus hinzubekommen, aber den Kapitalismus tief verinnerlicht haben. In Brüssel gibt es, so wie es aussieht, nur zwei Wege Geld zu verdienen: Entweder arbeitet man bei irgendeiner europäischen Institution oder man vermietet ein Zimmer an jemanden, der irgendwas an einer europäischen Institution zu tun hat. Aber nur Verschwörungstheoretiker finden da jetzt einen direkten Zusammenhang zwischen den Interessen der Vermieter und dem übersteigertem Interesse der EU an Praktikanten.
Hurra, hurra, vier Monate lang abgezockt werden - jetzt muss ich mich aber anstrengen, etwas zu finden, wo ich neben abgezockt nicht auch noch verarscht werde. So gar nichts zu tun haben, wär ja auch irgendwie scheiße.
Sonntag, 2. Dezember 2007
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1 Kommentar:
Ein Kommentar für zwei Beiträge:
- Abspannsitzenbleiber sind möglicherweise enttäuschte Privat-TV-Schauende, die bei jedem Spielfilm ohne Abspann darben müssen und das jetzt in allen Kinos der Republik zu kompensieren versuchen;
- und überhaupt: Bayern hat überhaupt gar keine Botschaft(en).
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