Silvestertag, 18 Uhr - warten auf den Beginn der Party. Manche überlegen fieberhaft, was sie denn anziehen sollen, oder stehen im Bad und versuchen (meist vergeblich) sich mit allerhand Hilfsmittel attraktiv, betörend und/oder unwiderstehlich zu machen. Ich blogge. Einerseits weil schon wieder die ersten flehenden Rufe kamen und andererseits weil mir tatsächlich langweilig ist. Attraktiv, betörend und unwiderstehlich bin ich auch so, ungeduscht, unrasiert, hygienefrei. Also wozu der Stress? Dabei habe ich seit Heilig Abend Urlaub. Aber leider hat man da keine Zeit, sondern Weihnachten.
Weihnachten hat ein paar Vorteile. Man bekommt gutes Essen serviert. Essen, das man selber nicht kochen muss. Aus Zutaten, die man selber nicht einkaufen muss. Auf Geschirr, das man selber nicht spülen muss. In Wohnungen, die man selber nicht putzen muss. Wahrlich festlich. Oder habe ich das auch nur wieder geträumt?
Real war jedoch das alljährliche Ritual. Kurzversion der Antwort auf die unumgängliche Frage "Wie war Dein Weihnachten so?": Wie immer. Aha. "Wie immer" bedeutet in lang:
12.30 Uhr In die U-Bahn steigen
13.00 Uhr Mittagessen (yeah!)
14.00 Uhr Kaffee trinken; Plätzchen essen optional
15.00 Uhr Christbaum aus Keller holen/aufstellen/schmücken resp. Punsch kochen
15.30 Uhr warten (lesen, fernsehen, Sudokus lösen, im Radio sämtliche fünf existierenden Weihnachtslieder auf Heavy Rotation lauschen)
18.00 Uhr Abendessen (yeah!) - zur Feier der Geburt des allmächtigen Heilands, der Frieden und und und bringt: Weißwürste, süßer Senf und Brezen.
19.00 Uhr Bescherung (mit vielen "Überraschungen" als Geschenke); aus irgendeinem Grund läutet nicht mal mehr die Glocke, dass das Christkind in der Zwischenzeit da war
19.10 Uhr Danke sagen und alle umarmen
20.30 Uhr Mit U-Bahn nach Hause fahren
Der Höhepunkt des Jahres. Jaja. Dann gabs noch zwei weitere Tage mit essen, aber nicht putzen, eine IKEA-Fahrt (mit sensationellen 13,88 € Ausgaben) und zwei Staffeln "How I met your Mother". Ice Age 2 gabs theoretisch auch noch, aber das verschweigen wir lieber.
Schon ist das Jahr 2008 vorbei und man blickt zurück auf: Vier Monate Brüssel, zwei Monate Arbeitslosigkeit und sechs Monate Arbeit. Immens. Was für ein Jahr. Und man blickt auf 2009, wo einem zwölf Monate Arbeit erwarten. Immens. Was für ein Jahr. Es geht definitiv aufwärts.
Zumindest habe ich dank IKEA nun ein zehn Euro kostendes Set an schwarzen Steingut-Schüsseln und -Tellern. Seit meinem Auszug vor fast sieben Jahren, die ersten eigen gekauften Teller. Neben der Arbeit, die einschneidendste Zäsur in meinem Leben seit Jahren. Ich spüre, wie bei Frauen das Innendeko-Gen anfängt zu jucken... "Wie sehen die aus?" - Egal, zehn Euro. Das kann doch kein Argument sein. Doch. Sogar zehn! Aber wenn die aber scheiße aussehen. Ich will daraus essen, also Essen unterschiedlichster Form drauftun, nicht sie in eine Vitrine stellen, sie bewundern und anbeten. Aber so geht das nicht, so darf man doch nicht denken. Wenn Ihr wüsstet.
Diese Teller sind ein extreme Style-Aufwertung meiner Wohnung. Bevor ich mir potenziell hässliche Teller für zehn Euro bei IKEA gekauft habe, aß ich von garantiert hässlichen Tellern, die man auf irgendwelchen Speicher oder Kellern der Vergessung hingegeben hat, bis man sie mir mit einem strahlendem Lächeln für die erste Grundausstattung meiner Wohnung kostenlos überließ. Mei, war ich dankbar. Mein Y-Chromosom und mein Geldmangel ließen das auch jahrelang unverändert. Na gut, nur mein Y-Chromosom. Faulheit vielleicht auch noch. Aber eher Y-Chromosom. Bis ein XX-Wesen mein Leben und meine Wohnung betrat und sprach: "Deine Teller sind aber hässlich!" Dann ging es wieder. Vor Angst schlotterten mein Knie, ich war gekränkt, ein Beschluss reifte in mir: "Ich brauche neue Teller, sofort!" Das war vor ca. drei, vier Monaten.
Leben kann so aufregend sein! Gutes Neues! Scheiße, noch ne halbe Stunde warten.
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