Freitag, 26. Februar 2010

Dameneishockeynationalmannschaft

Gestern war tragischerweise Vlotho. Da steppt der Bär an einem Donnerstag Mittag in der letzten Februarwoche. Den Partykeller kann man auch gleich kaufen...

vlotho 001

Es war schon tragisch an diesem verlorenen Ort - einigen Kleinstadtgewächsen fällt jetzt ob meiner Großstadtarroganz wahrscheinlich die Kinnlade runter. Aber ich finde es befreiend, nicht bereits mit 20 verheiratet zu sein, zwei Kinder zu haben und nen Haus gegenüber dem meiner Eltern zu bauen. Scheiße drauf sein geht auch einfacher, und vor allem billiger. Tragisch war besonders, dass der Ort zwar eine Tourist-Information hat, aber kein um 12 Uhr mittags geöffnetes Restaurant, wo der Tourist essen könnte. So kam ich zumindest mal in den Genuss einen Pizza-Bringdienst von innen gesehen zu haben...der es in aller Tragik blitzartig schaffte, den Chinesen aus dem Industriegebiet in Schweinfurt von der Pole-Position der kulinarischen und ästhetischen Grausamkeiten zu fegen.

Tragisch war auch, dass ich für die 105 Minuten effektiver Arbeit in Vlotho insgesamt 16 Stunden auf Achse war. In einer hübschen U-Bahn-S-Bahn-Flugzeug-Opel-Corsa-Kombination. In der noch hübscheren Bahnsteig-Feldmoching-Flughafen-München-Flughafen-Dortmund-Vlotho-Kombination. Alles ging reibungslos - was mich verwunderte. Kein ÖPNV-Drama, kein Pilotenstreik, kein Wintereinbruch. Aber wer nach Dortmund und Vlotho muss, den muss man offensichtlich nicht noch zusätzlich verarschen.

Es war Donnerstag, genauso tragisch. Die interessanten Elemente der ZEIT - Politik, Wirtschaft, Wissen - hatte ich bis dahin, auch dank eines ÖPNV-Dramas, bereits gelesen. Normalerweise reicht das für die Arbeitswoche. Wegen Offline-Alternativlosigkeit blieb nur das Magazin und das Feuilleton. Das Magazin wird gemieden, weil es dort unproportional oft um Mode und Design geht. Auch diesmal. Wegen der vielen nicht beachteten Modephotos, Modewerbung, Modeberichterstattung war man auch bald durch. Auftritt des Feuilletons, das ich eigentlich immer ignoriere. Besonders seit damals, als Fiat noch Opel kaufen wollte und Jens Jessen einen so fürchterlichen Artikel schrieb, dass ich mich auch noch ein Jahr später an ihn erinnern kann. Grundtenor: Open und Fiat repräsentierten jeweils die Charakteristika ihrer menschlichen Erbauer und eine Fusion der beiden würde schlagartig das Typische eliminieren und die kulturelle Vielfalt in der Welt durch ein unerträgliches Homogenitätsgemisch ersetzen. Und das wäre ja kulturell gesehen so unendlich tragisch usw. Diesmal im Feuilleton ging es, wie zurzeit üblich in Feuilletons, um diese junge Abschreibe-Autorin, die je nachdem als die bürgerliche Ordnung vernichtende Copyright-Verletzerin verteufelt oder als kreative Montagekünstlerin gefeiert wird. Was ungemein spannend ist. Der Aufhängerartikel eröffnete aber einen ähnlich spannenden Metadiskurs und betrachtete das ganze als Kampf der alten Männer gegen die jungen Frauen oder so ähnlich und enthielt den schönen Satz:

Natürlich gibt es auch in der Medienwelt so etwas wie Frauenförderung. Doch ist sie hier, was sie in der Männerwelt meistens ist - eine Art erweitertes Balz- und Brutpflegeverhalten.

Das überbrückte die Zeit, bis ich auf den Höhepunkt des Tages stieß: Das Wort "Dameneishockeynationalmannschaft". Tragisch, dass das so selten vorkommt.

Noch tragischer war aber mein Versagen, mir einen aufgeladenen Ersatzakku für meinen Mp3-Player einzustecken. So wurden in der S-Bahn gen Heimat  aus den entspannenden Klängen von Hatebreed plötzlich nervige Konversationsfetzen auf Hebräisch, die zwar mal was anderes sind als Unterschichtendeutsch oder Türkisch, aber genau so unerwünscht gehört werden.

Ebenso tragisch am heutigen Morgen die Kollegen mit ihrem "Was ist denn los?"...

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