Montag, 7. Juni 2010

Scheißleicht

Pfingstferien bedingt war die U-Bahn in den letzten beiden Wochen angenehm leer und bot wenig Gelegenheiten seinen abgrundtiefen Menschenhass auszuleben. Alles hat eben seine Aufs und Abs, um an dieser Stelle den neuesten Anglizismus-Trend in der deutschen Journaille prominent zu würdigen. Kurz vorm gesellschaftlich despektierlich behandelten Amoklauf stehend kam sonntags beim Frühstück freundlicherweise die Rettung:

Ich hasse fettreduzierte Milchprodukte. Ich hasse die Firmen, die so was herstellen. Ich hasse insbesondere die Konsumenten, die so einen Scheiß nachfragen.

Ich habe mir aus Versehen einen 'Light'-Käse gekauft - diese widerliche, wabbelige Masse genannt Nahrungsmittel. Anstatt eines genussvollen Geschmackserlebnisses marterten mich auf einen Streich gleich mehrere Fragen. Zuerst: Kann man als politisch-korrekt sein wollender Mensch fettreduzierte Nahrungsmittel hassen, ohne Sexist zu sein? Wer, wenn nicht Frauen, kauft so nen Müll? Käse mit mageren 30% Fett, Frischkäse mit absolut (!) 6% Fett, Milch mit 1,5% Fett, Yoghurts mit 0,1% Fett, und natürlich Gummibärchen mit garantiert 0% Fett, weil in Gelatine naturgemäß noch nie Fett war.

Gut, Gummibärchen sprengen die Reihe, weil sie schmecken. Kommen wir zur zweiten Frage: Warum kaufen und essen Menschen Zeugs, das nicht schmeckt? Fett sein ist kein erstrebenswerter Zustand, richtig. Ungesund und, wohl für viele Frauen wichtiger, unschön. Gesellschaftliche Zwänge wirken und, ja, ich leiste meinen Beitrag dazu, dass sie weiterhin bestehen. Sollte die logische Reaktion auf diesen Wunsch nicht sein, fetthaltige Lebensmittel zu meiden? Fünf mal Schweinshaxn in der Woche steht selten auf einem Diätplan. Außer japanische Touristinnen habe ich eh noch nie eine Frau gesehen, die so etwas isst. Wahrscheinlich weil es nicht schmeckt. Vollkommen nachvollziehbar. Aber warum, verdammt noch mal, fett reduzierten Käse? Weil er schmeckt? Würde sich denn eine figurbewusste Frau, fingerdick Nutella aufs Brot streichen, wenn Sie wie Zwiebelmettwurst schmecken würde? Wohl kaum.

(Auf der anderen Seite gibt es genügend Menschen, die diese garantiert geschmacksneutralen 200g-Käseaufschnittpackungen für 99 Cent beim Discounter kaufen und essen. Das könnte vielleicht auch dran liegen, dass sie arm sind und nicht anders können.)

Außerdem, dritte Frage: Wie viel Käse muss ein Mensch fressen, dass dessen Fettgehalt manifeste Auswirkungen aufs Körpergewicht hat? Verschlingt man oder frau jeden Morgen einen ganzen Camembert und hofft durch die fettreduzierte Version dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen? Was ist der Durchschnittsverbrauch von Yoghurt pro Tag, dass man gleich mit einer 0,1%-Variante die Menschheit beglücken muss? Dass der Durchschnittskonsument weder ethisch handelt noch nachdenkt, macht sich jede Marketingabteilung natürlich zu nutze. Aber spätestens beim Verzehr muss doch auffallen, dass da was schief läuft. Niemand wirbt doch mit 'Seht her, mein Produkt schmeckt nach Dreck, kostet aber zehn Prozent mehr!'

Verkenne ich etwa die Existenzberechtigung von fettreduzierten Lebensmitteln? Ach ja, ich trinke übrigens Leitungswasser - weil ohne Fett!

1 Kommentar:

Der kleiner Blogger hat gesagt…

Ich hoffe wirklich für dich, dass das Wasser biologisch angebaut und aus glücklicher, freilaufender Bodenhaltung ist!