Mittwoch, 14. November 2007

Deine Chance zu helfen!

Es kam aus dem Nichts. Ich habe ein Problem. Ich muss eine Entscheidung treffen. Vor einiger Zeit - wann genau habe ich vergessen - bewarb ich mich aus reiner Langeweile und ohne große Erwartungen und Überlegungen beim Europäischen Parlament für ein Praktikum in Brüssel.
Heute bekam ich das:

Dear Mr ****,

We are pleased to inform you that you have been selected for an unpaid traineeship in the European Parliament (DG FOR INTERNAL POLICIES - BRUSSELS), from 03/01/2008 until 30/04/2008, on condition that your application is complete and eligible.

"You have been selected" und "unpaid" bereiten mir gerade ordentlich Bauchschmerzen (zusätzlich zu denen, die ich bekam, weil ich aus nicht näher erwähnenswerter Gründen zwei köstliche halbe Kuchen samt Sahne verdrückt habe) und wohl auch eine schlaflose Nacht. Ich habe absolut keinen Plan, was ich machen soll. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mich jetzt wahnsinnig freuen sollte, weil ich so genial und elitär bin, dass ich für diese Heiligkeit auserwählt worden bin. Es wurde mal angemerkt, ich würde mich aufregen, rumschimpfen und mich beklagen, weil ich meine Lebensleistung nicht wertgeschätzt sehe. Hey, meine "skills", "talents" und "potentials" erhalten pausenlos die Wertschätzung, die sie verdienen - zwölf Vorstellungsgespräche und nun dieses Elite-Praktikum. Aber das, was ich wertschätze - Bezahlung - wird mir verwehrt. Und darüber rege ich mich auf, schimpfe rum und beklage mich. Die Welt ist scheiße!!!


Und jetzt sind wir auch gleich beim Entscheidenden bei der Entscheidung: Geld. Vier Monate unbezahlt arbeiten in einer unglaublich teuren Stadt wie Brüssel vernichtet nahezu meine sämtlichen Ressourcen, die ich noch besitze. Gehe ich also nach Brüssel, bin ich hinterher im Arsch - und das nicht nur so ein bisschen, sondern so richtig. Und hinterher bin ich dann wieder arbeitslos. Zwar bestimmt um ne Erfahrung und dem "Erlebnis meines Lebens" reicher, mit improved english conversation skills und auch endlich den letzten Makel meiner Vita - den fehlenden Auslandsaufenthalt - los, aber im Arsch. Habe ich nun die letzten Jahre auf Urlaub, Reisen, "Abenteuer" etc., verzichtet, damit ich ein halbwegs entspanntes und angenehmes Leben führen kann, nur um jetzt für ein Praktikum alles, was ich habe, aus dem Fenster zu werfen? Lohnt sich das ganze wirklich? Am 28.11. müssen meine Unterlagen dort in Brüssel eingetroffen sein...


Also, im Gegensatz zu sonst bin ich für jedwede Ratschläge, Meinungen, Erfahrungsberichte offen und lade jeden recht herzlich ein, intensiv auf die Kommentarfunktion zu drücken.

5 Kommentare:

pjat hat gesagt…

Also, Auslandserfahrung kommt erfahrungsgemäß gut an (... sprach diejenige, die seit üner 1,5 Jahren unterbezahlt arbeitet ...), Englisch allemal (auch wenn man es dann kaum einsetzt und alles wieder verlernt). Und so ein Praktikum beim Europäischen Parlament macht sich sicher auch gut (die nehmen ja auch nicht jeden, munkelt man). Aber wenn du dich jetzt gedanklich auf eine Richtung festgelegt hast, dann solltest du eher in dem Bereich ein unbezahltes (Auslands-)Praktikum machen... schätze ich, aber s.o.: ich arbeite ja auch für 'nen Hungerlohn ;).

Anonym hat gesagt…

Hm, unbezahlte Auslandspraktika kann man bestimmt auch in Verlagen oder PR-Agenturen machen und das wäre dann ja eher die Richtung, in die du willst. Soll heißen: bringt dann möglicherweise für die darauffolgende Arbeitsuche mehr. Vielleicht, wenn du vorhast, die letzten Mängel in deinem CV auszumerzen, wäre es geschickter, etwas in der Richtung zu machen, in der du arbeiten willst und nicht beim EP. Außer du strebst auf einmal eine Referentenlaufbahn an...
Um es kurz zu machen: ich schließe mich dem vorigen Kommentar an.

Magister Artium hat gesagt…

aber das unbezahlte Praktikum beim EP unterscheidet sich von anderen unbezahlten Auslandspraktika dadurch, dass es mir bereits angeboten wird - es war (noch) nicht ernsthaft auf meiner Agenda irgendwelche Praktika, egal ob bezahlt oder unbezahlt, egal hier oder im Ausland, zu suchen. Denn wenn ich schon was suche, dann einen Job - mit Bezahlung. Also, warum ich überhaupt erwäge ein unbezahltes Praktikum im Ausland zu machen, liegt daran, dass mir konkret eins angeboten wird UND dass das gerade das einzige konkrete Angebot ist, das ich habe.

Und was ich da mache (das ich irgendwie noch in Erfahrung bringen sollte) kann ich schon irgendwie als Meta-Tätigkeit verkaufen - was weiß ich: Informationen sammeln, Informationen aufbereiten, Informationen kommunizieren und das alles mehr oder weniger auf Englisch. Was anderes erzähle ich in den Vorstellungsgesprächen ja auch nicht.

Es geht einfach schnöde darum, ob der Nutzen (gepimpter Lebenslauf) tatsächlich so groß ausfällt, dass die doch nicht unbeachtlichen Kosten akzeptabel werden.

Anonym hat gesagt…

ich fände es mutig für 3 Monate ins Ausland zu gehen. Neue Aufgaben, neue Leute etc... ich glaube, da kann man fast nicht anders, als sich weiter zu entwickeln.
Daher: my vote goes to: Praktikum!

Fonzie hat gesagt…

Für ein Praktikum beim EU-Parlament hat man ja die Wahl sich sowohl für ein bezahltes als auch unbezahltes Praktikum (solange noch Student) zu bewerben. Du hast Dich also schon bei Deiner Bewerbung dafür entschieden, auch auf die unbezahlte Schiene aufzusteigen, hast sie nicht von vorneherein ausgeschlossen. Das spricht doch schon mal dafür, dass Du bereit wärest, dort auch ein unbezahltes Praktikum zu machen. Hast Du nicht damals somit schon eine Entscheidung getroffen? Ich selbst halte nicht viel von unbezahlten oder schlecht bezahlten Praktika, und schimpfe auf jeden, der sie anbietet; aber auch auf die, welche sie annehmen. Eine Praktikum beim EP oder auch einer anderen EU-Institution unterschiedet sich jedoch dahingehend von anderen, dass dem Praktikanten, auch wenn unbezahlt, noch eine gewisse Wertschätzung entgegen gebracht wird, dass die Aufgabe, dem Praktikanten etwas beizubringen, auch sehr ernst genommen wird, dass man meistens an interessanten Aufgaben arbeitet, und dass Du die Möglichkeit hast in einem multikulturellen Umfeld zu arbeiten (hier trifft es tatsächlich zu). Wenn Dir daran liegt, für Dich selbst Erfahrung bei der EU und im Ausland zu sammeln, weil Dich auch interessiert, wie das alles dort so abläuft und es toll wäre ein-zwei Monate in Brüssel zu leben, dann nimm es an, dann sind die Ausgaben es wert. Wenn Du es nur tust, um Deinen Lebenslauf zu pimpen, dann lass es, denn dann bist Du einer jener Praktikanten hier in Brüssel, die das ganze System an unbezahlten Praktika in und um der EU weiter unterstützen, nur aus einem Prestige-Gedanken heraus. Davon gibt es hier genug. Und wenn Dich schon die unbezahlten und schlecht bezahlten Praktika in Deutschland frustrieren, dann warte erst mal ab bist Du in Brüssel bist.
Noch ein kleiner Tipp, falls Dich schlussendlich doch Dein Interesse antreibt: Es gibt Programme von verschiedenen Stiftungen, die unbezahlte Praktika bei der EU mit Stipendien unterstützen, z.B. http://www.studienstiftung.de.
Viel Glück!