Montag, 10. Dezember 2007

Charaktermaske wechsle dich!

Letzte Woche auf der Wohnungssuche habe ich die meiste Zeit über Vermietern die Pest an den Hals gewünscht und den Schwur der Habenichtse geschworen: Wenn ich mal groß bin und was zu vermieten habe, werde ich das alles ganz anders machen. Diese verspießte Borniertheit, unglaublich! Ich würde der bessere Vermieter sein, mit Menschlichkeit, Herz, Mitleid und besonders viel Empathie. Die Mutter Theresa der Wohnungssuchenden. Der Papst hätte keine andere Möglichkeit als mich heilig zu sprechen.

So, jetzt bin ich groß, habe was zu vermieten und führe mich auf wie der letzte Arsch. Geht auch schwer anders. Wenn man um 9 Uhr das Inserat ins Netz stellt und um 9.30 Uhr die erste Antwort erhält, wird einem bewusst, dass man hier irgendwie auswählen muss oder auf gut deutsch: selektieren!
(Immerhin ist der Ansturm nicht gar so groß, wie ehedem, als ich nen Mitbewohner gesucht habe. Da haben sich in der ersten halben Stunde schon fünf Leute gemeldet. Und ich war auch nicht so blöd - wie damals - meine Telefonnummer anzugeben.)
  • Oberstes Kriterium: die richtige Verwendung des Konjunktivs. "Ich würde mir gerne Deine Wohnung anschauen" ist richtig. Potenzialität liegt in der Luft, also ist der Konjunktiv vollkommen angebracht. Hingegen sofort durchgefallen: "Ich würde mich für Deine Wohnung interessieren" oder auch: "Ich hätte Interesse". Würdest/Hättest Du wirklich? Das würde mich echt von den Socken hauen. Schlimmer ist (wäre?) nur noch: "Hiermit würde ich mich interessieren." Bitte, liebe Ich-würde-mich-freuen-wenn-Schreiber, lasst es! Ihr könnt Euch nicht mal mit der Anglizismus-Ausrede rausreden: Auch im Englischen ist "I would be interested in" ziemlich falsch.
  • Nicht ganz oberstes Kriterium: Anzahl der Smileys. Eigentlich sollten keine verwendet werden, aber ich will ja nicht so sein. Deswegen: Je weniger, desto besser. Besonders übler Fall: Vier Sätze (inkl. Anrede), vier Smileys. Und dann noch das: "Also wenn du dir das vorstellen könntest, deine Wohnung so einer Person anzuvertrauen...." WUAH!!!
  • Kriterium, das eigentlich kein Kriterium hätte sein sollen: Besichtigungstermin. Da ich ja unbedingt eigenhändig mehr christliche Sozialethik in die Wohnungssuche bringen wollte, war ich auch bereit meine Wohnung "in die Ferne hinein" zu vermieten. Aber nachdem der Münchner Wohnungssuchende schon sehr abgerichtet ist und irgendwie immer zufällig "schon vor Ort ist", gabs genügend Menschen, die von sich aus bereit waren, vorbeizuschauen. Damit hatten die Ich-bin-zurzeit-woanders-Menschen verschissen.
  • das Ich-wusste-gar-nicht-dass-es-auch-ein-Kriterium-ist: slawisch seiende oder klingende Nachnamen. Bin ich Rassist? Ich diskriminiere? Anscheinend. Nein, nicht anscheinend. Ja, ich tue es. Da schau her. Aber vollgepumpt mit political correctness habe ich sie dann doch eingeladen. Dass sie die Einladung nicht wahrnahmen, hat mich jetzt aber nicht sonderlich gestört.
  • Dumme-Menschen-kommen-nicht-in-meine-Wohnung-Kriterium: Lieber Wohnungssuchender, es ist nicht sonderlich förderlich für Dein Ziel eine Wohnung zu finden, wenn Du in irgendeiner Social-Networking-Plattform "Party machen" als Hobby angegeben hast. Und Dich verschwitzt und völlig hacke in nem Club kurz vorm speiben zu sehen, auch nicht. Insbesondere dann nicht, wenn Du hässlich wie die Nacht bist.
  • schließlich das Kriterium, das Gott sei dank kein Kriterium mehr ist: Zuerst präferierte ich Menschen, die Anfang Januar nach München kommen und Ende April wieder aus München verschwinden. Leute also, die garantiert die gesamten (und nur die) vier Monate in meiner Wohnung bleiben. Doch dann entdeckte ich ein Juwel des deutschen Mietrechts: den Zeitmietvertrag bzw. eine Bestimmung in diesem: Befristete Mietverträge können nicht ordentlich einseitig gekündigt werden (wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind, die aber bei mir erfüllt sind - nur für den Fall, dass ein Jurist jetzt sein BGB zückt und mich damit verprügelt). Nur einvernehmlich. Sehr schick. Jetzt mag ich auch die Leute, die vor kurzem nen Job in München angetreten sind, noch keine Wohnung haben und erstmal was möbliertes anmieten, um in Ruhe was eigenes suchen zu können. Jetzt muss ich doch nicht auf die Praktikanten des Autobauers, der Medienunternehmen in Unterföhring oder des Ich-bin-wegen-Korruption-weltbekannt-Konzerns zurückgreifen. Denn das sind bestimmt BWLer, Ingenieure oder sonstwas ekliges. Wirtschaftsingenieure! Wirtschaftsingenieure aus Düsseldorf! Die stinken. Vor allem die Boxershorts, welche sie im Bad liegen lassen.
Jetzt sollte ich nur noch ne Liste mit meinen Möbeln machen. Sollte. Schnell. Wär gut. Puh. Oh je, ich will nie umziehen. So viel Zeugs. Ich bin ja schon zu faul aufzuschreiben, was ich besitze. Von auseinanderbauen und rumschleppen ganz zu schweigen...

2 Kommentare:

thonesz hat gesagt…

Du Slawistenländerfeind! :-D

:-) hat gesagt…

Slawistenländerfeind? Und sowas kommt von nem Südländerfeind...