Meine Ankunft in Brüssel gestern verlief unspektakulär. Alles, was ich alter Schwarzseher befürchtet hatte - also wirklich alles (inklusive Absturz) - , trat nicht ein. Dank des weltbesten Vaters (Danke, Paps!) tendierte der Anreisestress zum Flughafen um 5 Uhr morgens gegen null. Das nervigste an der gesamten Anreise war höchstens die Architektur des Brüsseler Flughafens: Bis man mal die Gepäckausgabe (und somit auch den Ausgang) erreicht hatte, durfte man ne kleine Weltreise machen. Was aber eigentlich auch die Wartezeit ordentlich reduzierte... Auch mit knapp 30 Kilo Gepäck durch die Gegend zu eiern, war jetzt nicht so der Stress, nachdem der Bus mich quasi bis vor die Haustür gefahren hat.
Das Haus ist ein Altbau, der etwas ungepflegt daherkommt - und passt sich damit eigentlich optimal in den Gesamteindruck des Viertels ein - aber Gas (Gasherd!), Wasser, Heizung (Fenster sind vorhanden und schließen dicht), Strom und Internet funktionieren. Davon können manche Menschen nur träumen. Die Architektur ist, sagen wir, individuell. Ich bewohne keine eigene Wohnung, sondern habe nur ein Zimmer in einer Etage (1. Stock). Jede Etage hat ein Bad und eine Küche, welche frei zugänglich sind. Dabei ist die Sache so konstruiert: Auf der einen Seite des Treppenhauses sind Toilette, Küche und ein Zimmer - Zugang zum Zimmer durch Küche, auf der anderen Seite des Treppenhauses sind Bad und das zweite Zimmer (in diesem Fall meins) - Zugang zum Zimmer durch Bad. Mein Zimmer ist etwas größer als meins in München und (wie erwartet) mit hässlichen, alten, aber funktionalen Möbeln möbliert. Ich habe perfekten Blick auf einen Hinterhof und kann andere ungepflegt daherkommende Gebäude bewundern. Momentan gibt es niemanden mit dem ich "meine" Etage teilen muss, das kann sich aber ändern. Insgesamt hat der Vermieter Platz für sieben Untermieter ("Students" wie der Vermieter sie nennt). Alle sieben dürfen die Mikrowelle, welche im Treppenhaus steht, benutzen und die Waschmaschine, welche im 3. Stock steht. Die anderen dort lebenden Menschen habe ich noch nicht kennen gelernt. Spätestens bei der ersten Wäsche...
Der erste Arbeitstag begann mit einer Busfahrt. Erwähnenswert nur deswegen, weil die Fahrweise der Busfahrer nichts für Zartbesaitete ist - Verspätung wirds so wohl kaum geben...
Die Probleme aber, die ich gestern nicht hatte, hatte ich dann dafür heute. Es stand zwar geschrieben, sei um die Uhrzeit da und da. Aber als ich dann zur genannten Uhrzeit im "Centre d'Accreditation" stand und Hier-bin-ich verkündete, mit dem Ziel nen Ausweis zu erlangen, fehlte denen ein Dokument. Nämlich der Schrieb, der dem Sicherheitsdienst mitteilen sollte, dass ich nicht nur existiere, sondern auch nen Ausweise bekommen soll. Ich hatte spontan schlechte Laune. Statt nen Ausweis bekam ich erstmal ne Durchwahlnummer, damit ich bei dem für mich zuständigen Menschen meine Personalnummer erfragen kann, mit der dann im Computersystem meine Existenz gefunden werden kann. Ne halbe Stunde später war der Mensch dann auch mal im Büro und ich bekam meine Personalnummer. Zurück zum Schalter, nur um zu erfahren, dass mittlerweile der Schrieb, auf dem Nachname und Personalnummer nebeneinanderstehen, plötzlich aufgetaucht ist - und alles "ohne Probleme" vonstatten ging. Spontan noch schlechtere Laune. Dementsprechend sexy ist jetzt auch das Foto, das meinen Ausweis ziert. Aber bevor ich nen Ego-Trip bekommen konnte, sah ich zwei andere Hanseln, deren Existenz auch verleugnet worden ist.
Mit Ausweis kommt man rein, also war ich jetzt drinnen. Ab zum Seien-Sie-dort-Büro. Jedes Büro ist markiert durch Gebäudekürzel, Geländeabschnitt, Stockwerk und Raumnummer, ziemlich einfach - eigentlich. Aber ich suche und suche und suche, renne rum, renne dahin, renne dorthin, zweifle an meiner Intelligenz bis zum nächsten Anruf bei dem für mich zuständigen Menschen. Ergebnis: Die haben mir die falsche Nummer mitgegeben. Spontan sauer. Aber ich stand zufällig nur drei Türen vom gesuchten Büro entfernt. Das war also auch geschafft.
Dann wurde ich in den formalen Krams eingewiesen und sollte dann von meinem "Supervisor" abgeholt werden - der war aber noch im Urlaub (so wie in etwa 4/5 des gesamten Ladens). Statt dessen wurde ich dann in meine Abteilung geführt, wo ich mich den beiden tapferen Nicht-Urlaub-Habenden vorstellen konnte. Danach ab zu dem Büro, das ich mit einer anderen Praktikantin (alias Trainee) - die allerdings im Urlaub ist - teilen werde. Nur in dem Büro gibt es nur einen Arbeitsplatz, sprich ein PC und ein Telefon. Klasse. Bin mal sehr auf Montag gespannt.
Immerhin existiert mein Account schon, so dass ich mich einloggen konnte und dem System zusehen konnte, wie alles automatisch eingerichtet wurde. Inklusive extrem wichtiger E-Mailadresse! Aber das wars auch schon wieder - Urlaubszeit - bisschen noch Intranet-Surfen, bisschen Adressen von Aldi-Läden recherchieren, dann höflich gefragt, ob ich noch gebraucht werde - und schwupps hatte ich Feierabend. Und morgen brauche ich mich auch nicht hetzen ins Büro zu kommen. Ich ging also zum Ausgang und verlief mich. Genauer: Ich benutzte den falschen Aufzug (von zweien) nach unten und vermisste den Ausgang. Von außen sieht die Architektur beeindruckend aus...
Jetzt sitze ich erstmal daheim rum und trinke mein erstes belgisches Bier: "Maes". Wohl das Löwenbräu Belgiens, nachdem das fast jede Taverne ausschenkt. Für 44 Cent die 0,33l-Flasche (zzgl. 10 Cent Pfand). 4,9% Alkohol. Genaue Zutaten stehen nicht drauf, aber es ist laut Angabe Bier mit Gerstenmalz und Weizenmalz. Schmeckt wie sehr fades Weißbier. Und Weißbier tendiert zu Kölsch. Und Kölsch ist ähm, vernachlässigbar. (Jaja, ich hab zu Silvester auch Kölsch getrunken. Ich hab aber auch dreimal Gläser umgehauen. Sprich ich war etwas angetrunken...)
Deren Homepage sagt das: "Goût: La Maes est une pils dorée, fruitée, d'une saveur pure et légère, avec une agréable petite touche d'armertume." Auf deutsch schätze ich mal: "Es ist ein goldenfarbiges Pils, fruchtig, von reinem und leichten Geschmack, mit einem angenehm zarten Hauch von Bitterkeit." Jaja, alles klar.
Donnerstag, 3. Januar 2008
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2 Kommentare:
Willkommen im Arbeitswelt-Chaos.
Brüssel (so hab ich mir sagen lassen und es dort auch so erlebt) hat ein ganz besonderes Faible für Chaos. Hat bei uns auch ewig gedauert, bis wir reinkamen... und wir waren nur zu Besuch da...
Und danke: hab sehr gelacht über deine erster-Tag-Geschichte.Du hast dich dabei wahrscheinlich eher wenig amüsiert. Du wirst dich aber dran gewöhnen. Und dich noch ganz schön wundern. Und dich dann nicht mehr wundern. In der Reihenfolge.
Viel Spaß (den kann man sich organisieren)
Such doch mal auf der Suche nach alkoholischen Kuriositäten nach einem Bier mit einem rosa Elefanten auf der Banderole. Hat irgendwas mit "Schädel tremendum" oder so geheißen. Die Flasche ist lustig, die Viskosität eher seltsam, und der Tag danach entspricht meiner Erinnerung an den Namen des Bieres - damit verbinde ich seit jeher belgische Biere. Vielleicht wirst auch Du diese wunderliche Erfahrung mit mir teilen können.
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