Samstag, 5. Januar 2008

Aller Anfang ist schwer...

Freitag Vormittag war die Welt noch in Ordnung. Bisschen im Büro sitzen, danach Kaffeetrinken mit den wenigen anwesenden Kollegen (alle können englisch, einige können nicht französisch, also ist Konversationssprache Englisch), dann ein Kurzbesuch eines Technikers, der mir wohl meinen Arbeitsplatz einrichten wird (yeah!), dann war es 12 Uhr und ich wurde nach Hause geschickt. Dass ich den ganzen Nachmittag Zeit hatte, wollte ich nutzen, um mir eine Kundenkarte für den ÖPNV ausstellen zu lassen - die braucht man für Monatskarten. Diese Kundenkarten bekommt man nur in speziellen Info-Center, von denen es nur ein paar wenige in ganz Brüssel gibt.

Dafür musste ich zum Haupteingang (ansonsten muss ich zum Seiteneingang an der Rue d'Ardennes). Lernfähig wie ich nun mal bin, machte ich mir einen Plan: Aus meinen Büro links zum Fahrstuhl (das ist derjenige, mit dem man nicht zum Ausgang kommt, wenn man runter fährt - diesmal egal, denn ich musste nach oben) - ab in den dritten Stock - finde den Übergang von meinem Gebäude zum Hauptgebäude - die nächste links zum Fahrstuhl - runter zur Ebene -1 - links, rechts, zur Rolltruppe, hoch zu Ebene 0 - das Foyer entlang zum Geldautomaten - weiter zur nächsten Rolltreppe, um zur Ebene 1 zu gelangen - voilà der Haupteingang zum Place Luxembourg. Vielleicht ist der Weg einfacher, wenn man vorher nicht am Geldautomaten vorbei muss - aber irgendwie bezweifle ich das.

Dann zum ÖPNV-Laden genannt "Bootik" und ich betrat die Hölle. Es war ein Informationszentrum und man muss Nummern ziehen! Es gibt zwei Schlangen: Barzahler und Geldkarten-Zahler. Ich musste zwangsläufig zu den Barzahlern (Nummer 108) und hatte 25 Nummern vor mir. Ich empfand es ein klein wenig komisch, dass diejenigen Menschen, die endlich gehen konnten, ein sehr glückseliges Lächeln auf den Lippen hatten. Nachdem zehn Minuten rum waren, befürchtete ich irgendwie in die Unterschichten-Schlange geraten zu sein. Nach elf Minuten hatte ich nur noch 24 Nummern vor mir. Nach zwanzig Minuten hegte ich den Verdacht, dass einigermaßen schnell arbeiten nicht unbedingt üblich bei den Schaltermenschen sein muss. (Wer mir das nächste Mal die Ohren vollheult, wie lang er doch auf nem deutschen Amt gewartet hat, der soll sich mal in ne "Bootik" in Brüssel stellen!) Mir schwante Dunkles. Extrem-Schlange-stehen ist anscheinend normal, denn aus einem Lautsprecher dröhnte Chartsmusik - was mir den Rest gab. Nein, gar nicht wahr. Den Rest gaben mir quengelnde Kinder. Belgische Kinder sind so ziemlich genauso ätzend wie deutsche Kinder. Und Unterschichten-Familien, wie überall in der Welt, haben zum einen viele Kinder und zum anderen keine Geld, um Aufpasser zu bezahlen - deswegen werden sie überall mitgenommen. Warum können Kinder nicht einfach mal eine Stunde lang das Maul halten? Als Nummer 107 aufleuchtete wurde ich fast ekstatisch, bis sich ein dreckige, widerliche, verfickte, ätzende, soll-sie-doch-verrecken Seniorin ohne Nummer einfach vordrängelte... Aber schließlich nach 1 1/2 Stunden hatte ich endlich meine ganz persönliche Kundenkarte und meine Monatskarte. Immerhin kann man die Monatskarten auch woanders kaufen - so dass das hoffentlich mein letzter Besuch in der Hölle war...

Auf dem Heimweg lernte ich das örtliche Müllabfuhr-System kennen. Mein Vermieter hat mir das zwar schon erklärt, aber diesmal sah ich es. Es gibt keine Mülltonnen, die von der Müllabfuhr geleert werden. Sondern man kauft sich im Supermarkt "offizielle Müllsäcke". Diese werden dann zwei Mal in der Woche einfach auf der Straße platziert und dann abgeholt. Gestern war Müllsack-Rausstell-Tag, so dass das komplette Viertel mit weißen Müllsäcken dekoriert war (weiß für Restmüll, blau für Metall und Plastik, gelb für Papier, grün für Biomüll). Und dementsprechend roch es auch überall. Wann genau die Müllabfuhr kommt, weiß ich nicht, aber heute früh war alles (naja, fast alles) weg.

Außerdem ist Aldi hier scheiße. Zumindest an einem Samstag. Aldi hier ist so wie Aldi vor einigen Jahren noch in Deutschland war. Billig, aber dafür kaum Auswahl und überfüllt mit Menschen mit Migrationshintergrund. Letzteres könnte auch daran liegen, dass ich in Schaarbeek wohne... Auf Aldi kann ich also verzichten. Aber ich hab ja noch einen anderen halbwegs günstigen Supermarkt um die Ecke. Also insofern 21% Mehrwertsteuer auch auf Lebensmittel halbwegs günstig sein können. Was will ich denn mehr als Nudeln mit (Fertig-)Tomatensoße?

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