Heute bin ich mal Gutmensch. Naja, ich wurde angepöbelt, beschimpft und mir wurden Prügel angedroht. Ein Freund ist Not. In großer Not. Er ist einsam, er ist verzweifelt, seine Existenz ist ein Nichts und sein Alltag ist harter Kampf um Beachtung und Anerkennung. Es ist bereits so schlimm, dass er unbedingt hier, HIER!, erwähnt werden wollte - deswegen auch die durchaus wirkungsvolle Überzeugungsarbeit von ihm. Ich helfe ihm. Dieser Eintrag ist ihm gewidmet. Mein Blog als Ego-Booster. Die ultimative Waffe der Image-Kosmetik. Der Standard-Ami würde jetzt darum bitten, ihn in eure Gebete aufzunehmen. Denkt an ihn! Habt Mitleid! Spendet kein Geld, sondern all eure Liebe und Anteilnahme!
Sein Problem: Er ist in Brüssel. Seit fünf Monaten. Und es kommt noch härter: Er wird weitere fünf Monate in Brüssel sein. Er ist mit seinen Nerven am Ende. Erst Praktikant bei der Europavertretung des allbekannten Sicherheits- und Kontrollunternehmens mit den drei Buchstaben (das "Ü" natürlich in der Mitte) und jetzt dann bald Praktikant bei der Europäischen Kommission. Wer dachte ich bin im Arsch, kannte ihn noch nicht. Das ist jetzt vorbei. Begrüßt ihn, den Großmeister im Anti-Elitarismus, den General der Bewegung gegen Oberflächlichkeit, den Hohepriester der beleidigenden Direktheit, den Irren, der Beck's wirklich liebt und den fundamentalistischen Schwimmer: J. "Ihr könnt mich alle mal" F.
Eingepfercht, eingeschlossen, eingekerkert in einer Stadt, die sich vollkommen der Anti-Ästhetik hingegeben hat. Umgeben und umzingelt von einem Mikrokosmos der Praktikanten-Gestalten, die ihre Persönlichkeit gegen Image getauscht haben; die Sympathien vom Arbeitgeber abhängig machen (Kommission: der Held; Rest: Abschaum); die sich nur an dich erinnern, wenn sie eine Visitenkarte von dir haben. Bist du kein "Kontakt", bekommst du nicht mal ein Lächeln. Eine Meute, die permanent, rastlos, ohne Ende in Sicht "Herausforderungen, Spannung und Interessantes" sucht, und dich zu einem Freak abstempelt und nur noch mitleidig belächelt, wenn man ihnen mit der Wahrheit kommt: Nämlich dass Praktikanten-Dasein auf Dauer ziemlich unterfordernd, unspannend, langweilig und absolut unnütz ist. Deren Gesprächsthemen so flach wie deren Charaktere sind. Ist das noch Leben oder schon Berufsleben? Du bist nichts; dein Job, deine Funktion, deine Position alles. "Hach, ist das alles nicht aufregend hier?"
Wer bekäme da nicht die Krise? Gäbe es ihn nicht, hätte ich hier wirklich nichts zu lachen.
Merci, dass es dich gibt.
(Für echte Gutmenschen: www.freerice.com - Englisch-Vokabular testen und dabei Reiskörner spenden. Wenn da nicht irgendwo ein Sack Reis umfällt. Aber hallo!)
Sonntag, 24. Februar 2008
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2 Kommentare:
Ich war gerade mit ihm Pizza essen. Und ab jetzt bin ich treuer Leser. Viele Grüße an den Milbertshofen Fips. Viele Grüße von Marc.
Vielen Dank für die Grüße aus Brüssel!
Ruth
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