Dienstag: Irgendein portugiesischer Abgeordneten-Heini hat eine Mini-Ausstellung über die Geschichte von Benfica Lissabon eröffnet - warum das im Europäischen Parlament sein muss, weiß zwar kein Mensch, aber das tut auch wirklich nichts zur Sache. Relevant ist: Gratis-Wein, Gratis-Sekt und Gratis-Häppchen. Großer Nachteil: Bis man was zu beißen und runterspülen hatte, musste man Qualen erleiden. Nachdem der Heini jeden E-Mailaccount des Parlaments mit ca. 10 Erinnerungsmails zugespammt hatte, waren dementsprechend auch viele Leute (insbesondere viele junge Menschen - warum auch immer) da, ergo viel Stau. Davor jedoch noch mehr Qualen alias feierliche Reden - drei an der Zahl - auf portugiesisch! Das Publikum kochte vor Ekstase. Nur um danach ziemlich unwürdig die armen Kellner nahezu zu überrennen, im Kampf um Brot, Käse und Gebäck. Erbärmliche Szenarien! Eine gierige Meute in Nadelstreifen-Anzügen, Kostümchen und Stöckelschuhen. Pan-europäisch. Überall widerliche European Cheap Bastards!
Schlaue Leute gingen einfach ein paar Ecken weiter - da war ein zweiter Empfang. Irgendein israelischer Heini stellte dort seine Bilder aus auf Einladung eines weiteren Abgeordneten-Heinis. Genauso viel Gratis-Wein und Gratis-Sekt, nur 20 Mal weniger Leute. Mit Kellner, die mit Flaschen rumrennen und einem seine 3/4 vollen Weingläser wieder auffüllen - weil muss ja weg das Zeug. Im weinseligen Gespräch dann von Profi-Schnorrern erfahren, wo man sich am Mittwoch durchschnorren kann. Trotz intensiven Rausches gemerkt wo.
Mittwoch: Die hessische Landesvertretung in Brüssel hat zu einem Vortrag geladen. Worüber? Vergessen. Hessen ist toll, Hessen ist super, ich bin Frankfurter, sie sind Frankfurter, was für eine Ehre usw. Danach European Cheap Bastards auf Deutsch. Genauso erbärmlich, aber irgendwie geordneter, sowie Gratis-Wein, Gratis-Sekt und Gratis-Bier! Gut, "Bier": Licher. Und ein Mehr-Gänge-Menü in bizarr kleinen Schälchen. Währenddessen viele Menschen beim fanatischen Visitenkarten austauschen beobachtet. Im Gegensatz zu manch jungen Frauen halte ich "hessische Europa-Abgeordnete" nicht für wichtige Persönlichkeiten und habe auf würdelose Arschkriecherei alias Schauen-Sie-mal-ich-existiere-auch-
Donnerstag: Meet the President of the European Parliament. Die Verwaltungspraktikanten kamen in den Genuss eines Empfanges bei Ober-Cheffe. Gratis-Wein, Gratis-Sekt und Gratis-Gaudawürfel. "Schön, dass Ihr hier wart, geht zurück und verbreitet die europäische Idee" usw. Der Präsident des EP ist weltbekannt. Nicht wahr? Ich zerfloss vor Rührung. Ja, wie heißt er denn nun? Kommt schon. So schwer ist es auch nicht. Kleiner Tipp: Er ist Deutscher. Immer noch nicht? Nein, nicht Martin Schulz - der ist Fraktionsvorsitzender der Europäischen Sozialisten. Es kann ja nicht jeder von Berlusconi beschimpft werden. Aber einen Nazi-Vergleich hat der Präsident auch schon hinter sich. Nun? Nein? Hmm, na gut - Hans-Gert Pöttering! Wow! Die Welt teilte sich in zwei Hälften: Die eine drängte danach, mit "Hansi" oder auch "Pötti" auf einem Foto abgelichtet zu werden, die andere widmete sich dem Wein und dem Gouda. Auch hier waren die Kellner sehr ambitioniert, die Praktikanten abzufüllen. Cheffe war schnell wieder weg, im Gegensatz zum Wein...
Nach dem präsidialem Vorglühen auch endlich auf einer Praktikanten-Party gewesen. Leider nichts mit "gratis". Leider auch nichts mit Spaß. Nicht Cheap, nur European Bastards. War teuer, war scheiße - auch ohne Valentin-Spielchen. Sonst wär die Woche auch zu perfekt gewesen. Als Strafe dann müde und leicht verkatert einen "Long Friday" (sprich arbeiten bis 17 Uhr) aushalten müssen. Heute keinen Alkohol. Erst morgen wieder...
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