Ein unbezahlter Praktikant verändert die Welt

Meine letzte Arbeitswoche im Parlament steht an. Ich bin den Tränen nahe. Ich werde so vieles hier vermissen. Quasi alles. Die Leute, ach, die Atmosphäre, ach, die Aufgaben, ach, die Spannung, ach, das Essen, ach, warum muss das hier nur schon vorbei sein?

Als Trost bleibt mir das Wissen, dass ich zumindest Anteil hatte an einer weltbewegenden, wenn nicht sogar -verändernden Sache. Das Europäische Parlament wird einen Bericht beschließen, in welchem es zur zukünftigen Finanzierung der Sozialstaaten in Europa ordentlich seinen Senf dazugibt und die Regierungen der Welt werden vor Ehrfurcht erzittern, ihre Schwänze einziehen und bereitwillig das tun, was ihnen aufgetragen wird. Das kann ich garantieren. Denn ich habe diesen Bericht geschrieben! Ganz allein! Gaaaanz allein - und weil ich keine Fußnoten setzen muss und meine Quellen nicht angeben muss, kann auch keiner behaupten, ich hätte da nur Copy&Paste betrieben....

In ca. 2500 Wörtern (Vorgabe: 15000 Zeichen exklusive Leerzeichen) wird eine glasklare Analyse vollzogen und konkreteste Maßnahmen empfohlen, mehr noch: diktiert. Keine Spur von den üblichen nichtssagenden Floskeln des Politikbetriebs, definitiv keine Phrasen, die von Abstraktheit nur so triefen, garantiert keine Bla-Sätze, sondern eiskalt wird resümmiert:

"[The EP] concludes that strong public demand and greater diversity of need will confront limited tax revenues and limited possibilities of public expenditure, and insists that the future economic and social impact of demographic change and globalisation present significant challenges and require a comprehensive strategy."

Das wird einschlagen wie ein Bombe! Bin gespannt darauf, wie viel von meinem Werk der zuständige Mensch in der Verwaltung und vor allem die Parteien im Ausschuss übrig lassen werden. Und ebenso darauf, ob mein Head of Unit diese Sache mit "a report, nobody will read" abtun wird...