Mittwoch, 16. April 2008

"Ich bin zwar dumm, aber immerhin Generalsekretär von etwas."

Ehrenämter sind ne tolle Sache: Dort ist man mal weg von der Couch oder der Straße, ist unter Leuten und hat damit mächtig Möglichkeiten zu lästern, mobben und intrigieren, kann im Gegensatz zum Fernsehprogramm seinen Abend anders gestalten, rettet manchmal die Welt - oder kann zumindest so tun, als ob man das täte, erleichtert sein notorisch schlechtes Gewissen angesichts der Milliarden Probleme auf dieser Welt, freut sich, dass man helfen kann und hat tierischen Spaß daran.

Und sie hübschen den Lebenslauf auf. Signalisieren sie doch, dass ein Mensch mehr macht als er tun müsste. Freiwillig. Die Chancen stehen also gut, dass dieser Mensch, wenns drauf ankommt, ohne zu klagen unbezahlte Überstunden schiebt und dabei noch tierischen Spaß hat, weil die Identifikation mit der Sache tiefer geht als die grassierende Egomanie (Feierabend!) in unserer Gesellschaft. Engagement eben. Die Soft-Skills nicht zu vergessen: Lästern, mobben, intrigieren. Habt ihr kein Ehrenamt, besorgt euch eins!

Das denken sich auch die Karriereschlampen alias Praktikanten im Europa-Parlament. Sie besorgen sich nicht nur Ehrenämter, sie erfinden sie sogar auch noch. Als Spielwiese haben sie sich die "European Parliament Stagiaire Association" auserkoren.

Sinn davon könnte man meinen wäre so was wie ne Interessenvertretung oder immerhin eine Kommunikationsplattform untereinander. Etwas, wo interessierte Menschen zusammenkommen, sich gemeinsam was überlegen und die Sache dann versuchen zu implementieren. Kollektive Problemidentifikation und -lösungsversuche eben. Wenns unbedingt sein muss, macht man auch nichts, trifft aber andere Leute, die zumindest die gleiche Geistesgrundhaltung haben.

Klingt unglaublich unsexy - und was unglaublich unsexy klingt, bringt nichts im Lebenslauf. Deswegen braucht die Sache definitiv mehr Sex: Titel, Posten, Ämter. Letzte Woche wurden "Präsident", "Vize-Präsident", "Generalsekretär" und noch ein paar "führende Verantwortliche" "gewählt". Von welcher Basis auch immer. Denn man sollte wissen, das einzige, was die Association seit Januar zustandegebracht hat, war die Organisation einer Party, sprich die Anmietung eines Clubs, und eben die "Wahlen" letzte Woche.

Man braucht ja nicht wirklich eine Organisation, um ein Ehrenamt auszuführen. Das Amt an sich, der Titel, reicht vollkommen aus. Die sexy Karriereschlampen hier sind ja so was von schlau. Und ich hatte Urlaub, wo ich doch schon immer mal Generalsekretär von irgendwas sein wollte.

4 Kommentare:

tscheburaschka hat gesagt…

Rechtschreib-,Tipp-, oder Grammatikfehler beim Herrn M.A. suchen macht Spaß! :-)

Deshalb auch ein Hinweis von mir:
Der in der ersten Zeile erwähnte Coach sollte mit "ou" geschrieben werden, um vom Leistungssteigerungsberater zum Möbelstück zu werden.

Anonym hat gesagt…

Hey!

Verfolge deinen blog schon seit längerem und finde, dass dies einer der besten Beiträge ist.

Hab mein PoWi Studium vor einem Jahr abgebrochen ( nein, bevor ich deinen blog kannte) und bin von die Hartnäckigkeit mit der du deinem selbsterwählten Schicksal trotzt durchaus begeistert.

Ich hoffe du findest deinen Weg. Falls ich einen Ratschlag wagen darf: Versuch statt Hopfen und Malz ab und zu mal was THC-haltiges zu konsumieren.

Prost!

Anonym hat gesagt…

Nur wenige schaffen es, in ihren Texten eine derartige Agression zu transportieren :-)

Grüße aus Muc.

Der ehemalige Mitmagistrant ausm Harthof.

Magister Artium hat gesagt…

..."der ehemalige Mitmagistrant ausm Harthof", der sofort - nachdem er einen Job und dadurch Lohn und Brot hatte - dem Münchner Norden den Rücken gekehrt hat...püh... Du Verräter...

:-)

Danke für die Grüße!