Der vierte Monat Arbeitslosigkeit hat begonnen und Vorstellungsgespräch Nr. 10 war an der Reihe. Alles nervt, deswegen probierte ich mal was neues: "Heute versaust Du es nicht!". Immerhin habe ich mich intensiv "vorbereitet" - und gleich zwei Rechtschreibfehler auf der Homepage der PR-Agentur gefunden, bei der ich Volontär werden "will". Mit dem Hang zur Pedanterie wurde ich dann aber mit einer völlig unerwarteten Widrigkeit konfrontiert: Wie zieht man den Mantel übers Jackett ohne zu verraten, dass "stilvoll" einem bisher ein Fremdwort war? Scheiße, ist das kompliziert. Zu einer zufriedenstellenden Lösung bin ich trotz mehrmaliger Versuche nicht gekommen. Außerdem sah die Aktion ziemlich dämlich aus - aber egal. Ich musste los, in die Nähe des Rotkreuzplatzes.
Begrüßt wurde ich von einem überdimensionierten Flachbildschirm, auf dem stumm irgendein Nachrichtensender vor sich hersendete. Mit einem Anflug von Empathie hatte ich sofort Mitleid mit der Empfangsdame, die da den ganzen Tag arbeiten muss. Die Menschen in dieser Agentur sind echt auf Zack. Nicht nur reagieren sie binnen zwei Stunden auf Bewerbungen, sie holen auch ihre Bewerber binnen einer Minute zum Gespräch. Dafür brauchen sie gleich drei Menschen um mich zu interviewen. 30 Minuten später wars wieder vorbei und ich bin um einiges schlauer: Laut Aussage ist die Agentur topp, sowas von topp, endstopp quasi, bezahlt die Volontäre aber eher am unteren Ende des Durchschnitts für PR-Agenturen: 1400€ monatlich mit 24 Urlaubstagen in der einjährigen Ausbildung. Ist aber mehr als null Euro im Monat und deswegen schon attraktiv. Entgegen meines morgendlichen Mantras habe ich es dann doch versaut: "Könnten sie mal kurz in zwei Sätzen auf Englisch ihre Englisch-Kenntnisse schildern?" Stotter...äh...puh...stotter - versagt. Das sollte ich wohl noch mal üben...dringend. Informiert werde ich "dann so in KW 47, haben wir uns gedacht" - also in zwei Wochen. Ist es allzu pessimistisch, wenn ich da nicht allzu optimistisch bin?
Zu meiner Freude unterbrach auf dem Heimweg ein studentischer Lohnsklave der MVG meine Reflexion über das Gespräch ("Fuck, fuck, fuck") und drückte mir einen Fragebogen in die Hand. Neben rumjammern ist Fragebogen ausfüllen mit das Geilste auf dieser Welt. Solange ich nicht durch Umfragen per Telefon genervt werde, fülle ich alles aus. Einfach alles. Egal ob ich da Ahnung habe oder nicht. Selbst wenn ich etwas gefragt werde, worüber ich mir bislang noch nie Gedanken gemacht habe, stört mich das nicht. Ich mache mir einfach keine Gedanken darüber und kreuze halt irgendwas an. Jaja, an der Wahrheitsfindung mitzuwirken ist schon toll. Außerdem gabs nen Kugelschreiber und nen Magnetsticker gratis dazu - was will man mehr?
Die MVG will wissen, was man so von der Sicherheit in der U-Bahn hält - zusammengefasst: "Wollen Sie mehr Faschismus in der U-Bahn?" Und ich bin sofort aufgesprungen und habe inbrünstig JA geschrien. Nieder mit dem Gschwerl! Nieder mit den Schwarzfahrern! Nieder, nieder, nieder!
Montag, 5. November 2007
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5 Kommentare:
"Written communication is no problem for me. Perhaps my sentence structure is sometimes more German than English, but nobody is perfect. My conversation skills are surely developable. Admittedly, in the past I didn't have much opportunities for practicing, so I can't speak English business fluent, but for everyday talks it's definitely sufficient."
Na, wie ist das? Schön, dass das einem erst immer hinterher einfällt. Verbesserungsvorschläge gerne gehört.
endgeil, den gleichen fragebogen hab ich auch gemacht!
"haben sie der letzten zeit auf fahrten verzichtet aufgrund terroristischer bedrohungen?"
hammer.
Dieser Fragebogen kursiert wohl nicht irgendwo im weiten Weltennetz? Da hätte ich aber gern 'ne Kopie (.pdf) von.
In meiner spontanen "Intensiv"-Recherche via Google und deren Homepage habe ich nichts gefunden. Der Fragebogen bestand zwar schon aus mehreren Seiten, aber es war bei weitem nicht alles so witzig wie die Frage, ob ich vor lauter Terrorangst nun auf Fahrten mit der U-Bahn verzichte.
Schräg fand ich dann höchstens noch, dass man bewerten musste, wo ich einen größeren Terroranschlag für wahrscheinlicher halte: New York, London, Paris, Berlin, Hamburg oder doch München.
Ansonsten das übliche halt: Mehr U-Bahnwache? Mehr Kameras? Mehr Kontrollen? Mehr Informationsschilder? An welchem Bahnhof haben Sie Angst, wo nicht? Ist die U-Bahn besser als die S-Bahn? usw.
allmächt, bei denen war ich letzte woche auch... sie wollten mir diese woche bescheid geben.
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