Donnerstag, 17. Januar 2008

Not so busy times

Oha, schon die ersten Beschwerden, dass hier nichts vorwärts geht. Zuerst: "Und, wie war die Kommissionsparty?" - "Sei froh, dass du nicht da warst. Alles überfüllt, schlechte Musik und ewig Schlange stehen, selbst bei der Garderobe. Als dann die ganzen Bonzen-Kiddies das Personal beschimpft haben, weil es angeblich deren Schuld sei, wars einfach zu viel. Und dafür 10 Euro Eintritt und selbst für Brüssel überteuertes Bier." Tja, vielleicht ist die nächste Kommissionsparty, diesmal von den Iren, diesen Samstag besser - aber auf die werde ich auch nicht gehen.

Über die Arbeit kann ich nichts erzählen, weil da auch nichts vorwärts geht. Ich hab mir schon aus der Bücherei ein Lehrbuch über die EU-Sozialpolitik ausgeliehen, um zumindest so zu tun als wäre ich da involviert. Blöd nur, dass ich darüber Magisterarbeit geschrieben habe. Viel neues ist da ja nicht passiert. Morgen ist aber von der italienischen Sekretärin erstmal zum sizilianischen Mandelkekse-Essen geladen - da kann ich immerhin mal allen demonstrieren, dass es mich auch noch gibt. Auf "Im Büro rumsitzen und sich zu fragen, warum man eigentlich existiert" habe ich allerdings auch nicht das Patent, weil das so allem Anschein nach üblich in dem Haus ist. Allgegenwärtige Ausrede ist momentan, dass gerade Straßburg-Woche sei, also die Plenarsitzungen des Parlaments in Straßburg, so dass es in Brüssel sehr entspannt zugehe. Ab und zu gibt es dann doch jemanden, der etwas früher vom Kaffeetrinken nach dem Mittagessen aufbricht, "because I have some work to do." Ist aber selten. Häufig folgt dem "Nice to meet you" ein "In den ersten beiden Wochen hatte ich auch nichts zu tun." Beliebter Zeitvertreib ist, neben "Oh, I will take another coffee", sich bei einer amerikanischen Social-Networking-Seite anzumelden und intensiv Social-Networking zu betreiben. Oder Stellenangebote zu durchforsten und Bewerbungen zu schreiben. Und dafür intensivst Networking zu betreiben - unter Praktikanten, die auch alle intensivst Networking betreiben.

Ist ja auch logisch - wer auch so nen Job findet, braucht sich ja nicht für ein Praktikum erniedrigen und so zu tun als ob das hier alles wahnsinnig Spaß mache. Beruhigend ist es irgendwie auch, dass nicht nur in Deutschland Politikwissenschaft zu studieren ne ziemlich dämliche Idee ist, sondern überall anders eigentlich auch - zumindest in Spanien, Frankreich und Bulgarien. Mit anderen Nationalitäten war der Austausch jetzt noch nicht so da. Ich frage mich, wo die ganzen Skandinavier geblieben sind. Aber zumindest im socialising sind die Leute hier ziemlich gut. Ich bekam, von jemanden, den ich nicht kannte, eine Einladung zu einer Geburtstagsfeier von jemanden, den ich nicht kenne. Ersteres hat sich in der Zwischenzeit aufgeklärt und ist meiner Unfähigkeit mir Namen zu merken geschuldet. Kann passieren.

Ansonsten bereitet mir in Brüssel der öffentliche Nahverkehr den meisten Spaß. Busfahren ist echt ne Sensation - besonders für so nen verwöhnten Softie aus München wie mich. Besonders beliebt ist die Vollbremsung. Immer voll draufhalten und wenn was passiert, sei es auch ne rote Ampel, die bereits 10 Sekunden rot ist, voll in die Eisen steigen. Von Fußgängern, die über den Zebrastreifen wollen, oder anderen Autos, die Vorfahrt haben, ganz zu schweigen. Dass auch Busfahrer während der Arbeit mit ihrem Handy telefonieren, dass dürfte jetzt keinem wirklich überraschen. Freundliche Busfahrer benutzen ein Headset. Leider nicht persönlich erlebt, sondern nur erzählt bekommen: Hier hupt der Busfahrer lieber als dass er rangiert (auch wenn es ein geparktes Fahrzeug ist und der Besitzer wohl gerade woanders ist) und wenn ihm die Vorfahrt genommen wird, springt er schon mal aus dem Bus und droht dem Schuldigen ordentlich Dresche an.

Mir ist auch zum ersten Mal im Leben beim Busfahren schlecht geworden. Wenn nämlich freie Bahn ist, will der Busfahrer das auch ausnutzen. Scheiß auf Fahrplan, scheiß auf beschissene Straßen, scheiß auf enger Kreisverkehr, scheiß auf miserable Stoßdämpfer, oh scheiße, rote Ampel, Vollbremsung. Es ging soweit, dass der vorherige Bus eingeholt wurde und kurz darauf dann sogar überholt wurde - der andere Bus musste ja anhalten, um Fahrgäste einsteigen zu lassen. Zur Veranschaulichung: Mein Bus leer, der andere voll. Ich denke, ich wurde verflucht, als ich das Knöpfchen gedrückt habe und er tatsächlich mal an einer Haltestelle halten musste. Es gilt wohl auch: "Fahr nicht Bus. Fahr Auto!"

neue Biersorten: keine - ich war nicht einkaufen.

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