Freitag, 21. März 2008

Suche Bus

Zur Zeit ist es etwas mau. Das Sensationellste diese Woche war mein Frisörbesuch am Dienstag: Hingehen, Haare schneiden lassen, Gel abwehren, lächelnd Kopf nicken, bezahlen, gehen. Ja, so ist das. Sprich: Achtung! Achtung! Es folgt ein echt übles Wortspiel bzw. eine wirklich abgedroschene Literaturandeutung: Im Westen nichts Neues! Autsch.

[wer jetzt den Drang hat, Google oder Wikipedia zu bemühen: Gemeint ist der Antikriegsroman von Erich Maria Remarque "Im Westen nichts Neues", in dem die Schrecken des Ersten Weltkriegs thematisiert werden. Gelesen?]

Zum Glück gibt es ja noch den öffentlichen Nahverkehr. Der ist zumindest gut für ein Stirnrunzeln und ein schmunzelndes Kopfschütteln. Am Mittwoch wurden Busse und Trams bestreikt - bekannt gegeben wurde es am Mittwoch. Das Potenzial für ein wenig Chaos wäre also gegeben. Aber: Der (anscheinende) Hauptarbeitgeber - die EU-Institutionen - sieht ein, dass seine Angestellten über Ostern nicht arbeiten wollen und gibt ihnen deshalb von Gründonnerstag bis Ostermontag frei. Die Angestellten kommen aus ganz Europa und nutzen natürlich die Gelegenheit aus Brüssel zu fliehen. Resultat: Der Großteil der Angestellten des Hauptarbeitgebers befindet sich im Urlaub. Selten einen so unbeachteten und nicht wahrgenommenen Streik gesehen. Ich habe den Streik auch nicht mitbekommen, weil ich von vornherein zu Fuß gegangen bin - aber das hat mit etwas anderem zu tun.

Auf meiner Buslinie werden gerade massivst die Straßen erneuert. Umleitungen sind die Folge. Natürlich auf Brüsseler Art. Heißt, jeden Tag eine neue Streckenführung mit jeden Tag anderen, teils verlegten, teils gestrichenen Haltestellen und kein Wörtchen an Information für die Fahrgäste. (Auf der Homepage ist die aktuellste Information über Streckenänderungen von Mitte Februar) Nicht mal die Busfahrer sind sich sicher, wie jetzt zu fahren ist, so dass man bei jeder Fahrt ein neues Eckchen Brüssels kennenlernen kann. Brüsseler Busfahrer fahren eh schon wie der letzte Henker und wenn sie sich dazu noch verfahren, dann will das eigentlich kein Mensch mitbekommen. Und dass ein Busfahrer einen Kollegen im entgegenkommenden Bus nach dem Weg fragen muss, definitiv auch nicht.

"Ich habe meine Buslinie verloren!" - man glaubt es kaum, aber es ist so. Am Ostersonntag heißt es vielleicht für mich: Anstatt Ostereier zu suchen, suche ich eben meine Haltestelle. Man muss eben das Beste draus machen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es gibt Menschen, die glauben, ein Witz, der erklärt werden muss, ist schlecht.
Es gibt andere Menschen, die glauben, eine Literaturandeutung, die erklärt werden muss, ist schlecht.

Ich finde:
Bei Witzen trifft das meistens zu - bei Literaturandeutungen IMMER.
Der ganze elitäre Charakter verfliegt bei dem Vorgang des Erklärens. Also entweder lassen wir die Andeutung so im Raum stehen, dass sich Leute, die keine Ahnung haben, auch so fühlen als hätten sie keine Ahnung ... oder wir lassen es ganz bleiben.

FG

Magister Artium hat gesagt…

Ey, sei nicht so hart zu mir. Vor allem mit Filmanspielungen - da bin ich doch so der Loser :(

Ich finde:
Jeder Mensch hat ein gewisses Kontingent für elitäres und anderes hochnäsiges Getue, das er nach Belieben verwenden und ausleben kann. Beliebtestes und Bekanntestes ist das "Also, ich habe keinen Fernseher!".

Dafür verschwende ich mein Kontingent nicht. Denn ich gebe zu: Ich besitze nicht nur einen Fernseher, ich benutze ihn auch. Sogar für RTL2. Ohne Heroes und Stargate müsste ich dann doch diese Philosophen-Dokus auf Arte schauen - eine horrende Vorstellung.
Auch Fußball schaue ich mir an; sogar so Nationalismus unverdächtige Dinge wie ein DFB-Pokal-Viertelfinale - selbstverständlich stilecht mit ner Flasche Bier in der Hand. Und wenn keiner hinschaut (also eher meistens) mit Hand im Schritt.

Früher habe ich mein Kontingent an elitärer Hochnäsigkeit damit verschwendet, mir bei kleinen Buch-Antiquariaten (wo denn auch sonst?) die Highlights der Philosophiegeschichte zusammenzusuchen, um sie dann ungelesen ins Regal zu stellen, aber natürlich bei jeder Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass ich sie im Regal stehen habe. Aber zu Zeiten, als mein Studium zu Ende ging, d.h. das Elend seinen Lauf nahm und auch das Geld nicht mehr ganz so locker saß, da stand ich in einem solchen Antiquariat mit Hegels "Phänomenologie des Geistes" in der Hand und ich schwankte. Ich sagt mir: Nein, diesmal nicht. Erstmal liest du die ganzen Kants, Marxens, Nietzsches und auch Kierkegaards, die ungelesen in deinem Regal rumstehen.

Von diesem Zeitpunkt an musste ich mir was anderes suchen, mein Kontingent an Pseudo-Elitarismus auszuleben.
Ein Praktikum beim Europäischen Parlament? Äh, nicht ganz. Vielleicht wenn es bei der Kommission in der Abteilung für auswärtige Beziehungen gewesen wäre - das wäre was für elitäres Gehabe.

Schlussendlich entschloss ich mich eben dazu: Bescheuerte Literaturandeutungen, die ich mir planlos selbst ausdenke, wahllos in nicht zusammenhängende Fragmente meines Lebens einzubauen und sie dann auch noch zu erklären. Witze gingen nicht - denn die muss ich auch schon immer erklären...

Ich bin schon ziemlich am Ende - alles andere würde mich jetzt schon sehr wundern.