Montag, 7. April 2008

Quis leget haec? (Wer soll das lesen?)

Vor einiger Zeit wurde bei mir mangelnde oder amateurhafte intellektuelle Arroganz bzw. Hochnäsigkeit diagnostiziert. Bei MIR! Das hat mir schwer zu schaffen gemacht. Eine klaffende Wunde in meiner vor Egozentrik triefenden Eitelkeit. Etliche schlaflose Nächte, in denen ich mich unruhig hin- und hergewälzt habe, folgten. Ich musste etwas finden, um mein Leiden zu kurieren. Doch was? Zahlreiche Arbeitstage, in denen ich meine ach so wichtige Arbeit sträflich vernachlässigt habe, vergingen mit der Suche nach einem Heilmittel. Es ist wahrlich schwer als eigentlich Arbeitsloser, aber zurzeit unbezahlter Praktikant mit Uni-Abschluss so ordentlich hochnäsig rumzulaufen.

Was bleibt einem übrig, wenn einem die materielle und dadurch auch die normale Anerkennung der Gesellschaft verwehrt wird? Da fehlt einfach was, um sich kraftvoll an den Sack zu greifen, und so richtig arrogant den Pöbel um sich herum genussvoll zu verachten. Soll man es machen, wie viele, denen das verwehrt wird: Die materielle und normale Anerkennung der Gesellschaft, die man eh nicht hat, von tiefsten Herzen her ablehnen und dann auch noch zu verteufeln, also zum Spießertum deklarieren. Also wie jeder typisch alternativer Künstler, Surfer oder sonstiger "Aussteiger" rumlaufen, und mantrahaft erklären, alles was wichtig sei, sei die "Kunst", die "Musik", die "Ästhetik", die "Welle", der "Strand", die "Freiheit", die "Sonne", die "frische Luft", der "Kontakt mit Gott, der Natur, sich selbst usw." und dabei seine Billignudeln mit Fertigsauce von Aldi runterwürgen, und das noch geil finden, weil als Protest stilisiert.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das will. Nach drei Monaten Billignudeln mit Fertigsauce von Aldi kommen mir erhebliche Zweifel, ob dieses Lebensideal tatsächlich angestrebt werden soll. Es ist so monoton, so einfältig, so langweilig und auch so anstrengend. Sich ein eigenes Ideologiegebäude zurechtzuzimmern und es dann auch noch wohnlich zu finden, nein, das muss echt nicht sein. Aber was dann? Ein Spannungsbogen, wie er im Buche steht. Ich ergötze mich erstmal ein paar Sekunden an mir selbst, Entschuldigung.

Keine materielle Basis für Hochnäsigkeit? Dann eben zurück zum Anfang, Ausweichstrategie B, die intellektuelle Hochnäsigkeit oder noch besser: die pseudo-intellektuelle Hochnäsigkeit! Heute Lateinkenntnisse. Wahllos ausgewählte Phrasen und Sentenzen, mit mehr oder weniger aktuellen Bezug zu ach so relevanten Themen.

Nehmen wir meine aktuelle Arbeit und die Menschen, die darin vorkommen: Difficile est saturam non scribere. (Es ist schwierig, (darüber) keine Satire zu schreiben.) - weil: Obsequium amicus, veritas odium parit. (Willfährigkeit macht Freunde, Wahrheit schafft Hass.) - aber ich bemühe mich, dass das im Zeugnis steht: Laudabiliter se subiecit. (Lobenswerterweise hat er sich untergeordnet.)

Und für mein restliches Leben gilt das: Acta, non verba! (Taten, nicht Worte!) - Possum, sed nolo. (Ich könnte, mag aber nicht.) - denn: Nemo ante mortem beatus. (Niemand ist vor seinem Tode glücklich.) - Folglich: Bibite, fratres, bibite, ne diabolus vos otioso inveniat. (Trinkt, Brüder, trinkt, damit der Teufel euch nicht untätig findet.)

Keine Kommentare: