Donnerstag, 22. Mai 2008

Korrekturlesen für den Weltfrieden

Gespräch Nr. 16 bei der großen, bekannten Unternehmensberatung, die einen an McDonald's erinnern lässt. Ich habe beschlossen, dass fortan mindestens ein richtig schlechtes Wortspiel pro Eintrag verwendet wird. Zumindest muss der "Effort" her. Ich muss ja auch auf die Qualität achten. Q-u-a-l-i-t-ä-t-s-s-i-c-h-e-r-u-n-g, Alder! Und schon sind wir beim Thema:

Deren Glas-, Marmor- und Betonpalast ist von außen gar nicht als solcher zu erkennen, weil erschreckend niedrig, dafür gibts als Ausgleich Glas, Marmor und Beton samt entsprechender Atmosphäre im Interieur - und das nicht zu knapp. Am Empfang mit einem schicken gelben "Visitor"-Ausweis versehen, erkennt man dann im "Visitor's Room", dass man, wenn man zehn Minuten zu früh dran ist, der letzte ist. Voll auf Psycho-Tricks eingestellt, vermutete ich sofort, dass irgendwo eine Kamera eingebaut ist, mit der beobachtet wird, welche Zeitungen die Kandidaten so lesen. Ich überwand meine ästhetischen Befindlichkeiten und nahm also die "Financial Times" zu Hand und las den Artikel, dass in meinem Lieblingsland Belgien jetzt endgültig der Bürgerkrieg bevorsteht, weil der Preis für das Schälchen Pommes über zwei Euro geklettert ist. Meine Konkurrenz bestand aus vier - welch Überraschung - Frauen. Mein Alleinstellungsmerkmal Meine Unique Selling Position war also schon mal definiert. Frauen, nicht irgendwelche Business-Tussen, die außer lächeln, posieren und an der vermeintlich richtigen Stellen kichern nichts können. Frauen, die irgendetwas mit Sprachen studiert haben und dementsprechend einen langweiligen, unergiebigen und manchmal auch keinen Job (Praktikum) haben und daher nur bereit sind zu wechseln.

Kurz darauf ging es dann durch dicke, feste, nahezu bunkerhafte Türen in den Konferenzraum, wo uns die Repräsentanz der Abteilung begrüßte. Zwei weibliche Mitarbeiter und der männliche Chef. Bei McDonald's ist die Welt also noch in Ordnung. Jeder durfte sich zu seinem Platz mit Namensschildchen begeben und lauschte der Vorstellung der Firma, der Abteilung und der Tätigkeiten - ohne PowerPoint-Präsentation! Man muss nicht immer nur Krieg spielen, Werte schaffen, Leute rausschmeißen Kosten reduzieren oder durch die Welt entscheiden, man kann auch Korrekturleser sein und Begeisterung an den Tag legen. Das geht! Nachdem ein Unternehmensberater sein Leben mit PowerPoint-Präsentationen zubringt, haben die einen 24-Stunden-Folienerstellungsdienst (Grafikabteilung), bei der sich manchmal Fehler einschleichen - Zeit für den Korrekturleser auf dem Plan zu erscheinen - aber zu meiner großen Erleichterung nur tagsüber.

Der angekündigte Einstellungstest war dann nicht das erwartete Mini-Assessment-Center, sondern einfach eine Kontrolle, ob der Kandidat die geforderten Fähigkeiten auch hat, sprich Korrekturlesen. Jeder durfte also dann einen Text und zwei Folien korrigieren. Auf Basis dieses Tests wird dann entschieden, wer von der engeren Auswahl in die noch engere Auswahl kommt und dort Einzelgespräche (ja, Mehrzahl) führen darf, um endlich den auf zwei Jahre befristeten Schwangerschaftsvertretungsjob antreten darf. Ende nächste Woche oder so, weiß man dann mehr.

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